20. Silvretta Classic: Durch alle Vegetationsstufen auf 2750 Meter
Zum zweiten runden Geburtstag ging es so hoch hinauf wie noch nie zuvor. Der Tross der rund 200 Oldtimer der 20. Silvretta Classic nahm am vergangenen Wochenende zum ersten Mal in der Geschichte der Rallye die Kaunertaler Gletscherstraße unter die Räder. Auf insgesamt 26 Kilometern überwindet sie mit 29 Kehren einen Höhenunterschied von mehr als 1500 Metern.
Während die Fahrer wassergekühlter Modelle auf auf kochende Kühler
achten mussten, verloren luftgekühlte Oldies sukzessive an Leistung je
höher die Strecke sie führte. Die Teams erlebten zudem auf diesem kurzen
Stück alle Vegetationsstufen der Alpen – als würde man von der
norddeutschen Tiefebene bis nach Grönland fahren. Direkt am
Gletscherrestaurant auf 2750 Meter Meereshöhe lag der Wendepunkt und es
begann die Talfahrt, die allen Teilnehmern noch lange in der Erinnerung
bleiben wird.
Zurück ging es über die Bieler Höhe und die Silvretta Hochalpenstraße in
das malerische Montafon, kleinere Verzögerungen durch freilaufende Kühe
inklusive, die offenbar mit einigem Interesse die ungewohnte
Geräuschkulisse der zahlreichen Vorkriegsklassiker und das Röhren der
Rallye-Fahrzeuge aus den 1970er Jahren mit liebevoller Nähe belohnen
wollten. Am Fuß der Silvretta angekommen waren es die bekannten
Ortsnamen, deren Klang die Herzen der Oldtimer-Szene höher schlagen
lässt: Partenen, Gaschurn, Schruns und Vadans waren auch in diesem Jahr
die Dreh- und Angelpunkte der Silvretta Classic.
Insgesamt 22 Wertungsprüfungen und 17 Zeitkontrollen galt es zu
meistern, so dass nicht immer ausreichend Gelegenheit war, die
Schönheiten der Alpenwelt zu genießen. An den unbestechlichen
Lichtschranken und Druckschläuchen bewährte sich dieses Jahr ein
Mercedes-Team besonders. Burkhard Müller und Fabian Mohr sicherten sich
auf einem wunderschönen Mercedes-Benz 300 SL S aus dem Jahr 1957 den
Gesamtsieg der 20. Silvretta Classic. Dabei verwiesen sie zahlreiche
Gesamtsieger der 19 früheren Ausgaben auf die hinteren Plätze, die noch
am Mittwoch Abend einen Prolog der bisherigen Sieger durch die Altstadt
von Schruns unter sich ausgefahren hatten.
Parallel zur Klassiker-Rallye wurde bereits zum achten Mal die Silvretta
E-Auto gefahren. 20 teilnehmende Fahrzeuge sind nicht nur eine
Leistungsschau, der aktuellen, elektrisch geladenen Mobilität. Auch ein
paar E-Klassiker sind traditionell mit von der Partie. So ein auf
E-Betrieb umgerüsteter Volkswagen T2B aus dem Jahr 1977. Aber auch er
musste sich dem jüngsten E-Sproß aus dem Hause Volkswagen ergeben.
Hans-Joachim Stuck bewies – navigiert von Dirk Gulde –, dass er keinen
Verbrennungsmotor benötigt, um erfolgreich zu fahren. Die beiden
sicherten sich auf einem VW E-Golf den Gesamtsieg der Silvretta E-Auto,
ohne ein einziges Mal an ihre Restreichweite denken zu müssen. Das
aktuelle Modell aus Wolfsburg hält inzwischen bis zu 300 Kilometer mit
einer Batterieladung durch.
Durchgehalten hat auch der „Theo-Decker-Käfer“ aus der Sammlung von
Volkswagen Classic. Nach den zwei kleinen Problemen am Mittwoch und
Donnerstag, die kollegial vom Team Autostadt gelöst worden sind (wir
berichteten), erwies sich der 1972er Sport-Käfer mit seinen 135 PS
erneut als wahrer Gipfelstürmer. Das gilt jedoch nur für die
Bergspitzen. Chancen auf einen vorderen Platz in der Gesamtwertung hatte
das Sieger-Fahrzeug aus dem Jahr 2013 längst nicht mehr. 1000
Strafpunkte für das Reparatur bedingte Reißen einer Zeitkontrolle
bescherten ihn in diesem Jahr einen Platz im Mittelfeld der 20.
Silvretta Classic. Aber er wird bestimmt noch eine weitere Chance
erhalten, eine Rallye zu gewinnen. Dafür macht das Fahren mit dem
cremefarbenen Renner einfach zu viel Spaß.
Text: ampnet – 10. Juli 2017
Text: ampnet – 10. Juli 2017
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