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01. Mar 2019 10

Exklusiv: Historie und Histörchen (64): Auch eine Begrüßung

Eine solche Begrüßung hatte im Nachkriegs-Deutschland noch keine Auto-Neuerscheinung erlebt. Die angesehene Auto-Fachzeitschrift „mot“ brachte im Januar/Februar 1968 einen Kommentar ihres unvergessenen Chefredakteurs Dr. Paul Simsa mit der Überschrift: „Wir bitten Ford – erspart ihn uns“. Was der Welt-Konzern Ford den Deutschen ersparen sollte, war das neueste Modell des Ford Escort. Ford-Köln hatte bisher nur Mittelklassewagen geliefert, wollte aber – wie Konkurrent Opel mit dem Kadett – endlich auch mit einem Kleinwagen in der Volkswagen-Klasse Furore machen.
Das erste Modell, das im Ford-Werk in Saarlouis nach Start der Produktion 1970 vom Band lief, war ein Escort.  Foto: Ford

Das erste Modell, das im Ford-Werk in Saarlouis nach Start der Produktion 1970 vom Band lief, war ein Escort. Foto: Ford

Den Wünschen den Konzern-Chefs Henry Ford II folgend, sollte dieser Kleinwagen sowohl in der Großbritannien wie auch in Deutschland gebaut werden. Henry Ford träumte damals erstmals von einem Auto, das weltweit in allen Ford-Werken entstehen sollte. Als Nachfolger des Ford Anglia mit der senkrecht stehenden Heckscheibe wollte Ford erstmals den Sprung aufs Festland wagen.
In England begann die Produktion am 17. November 1967. Und die englischen Käufer nahmen den Escort recht gut auf. Schon im Juni 1968 lief das 100 000 Exemplar vom Band. Im Februar 1968 wurde der Escort dem europäischen Publikum zum Brüsseler Automobilsalon vorgestellt. Doch nun geriet der kleine Engländer ins Visier der Deutschen, vor allem der deutschen Journalisten. Die 3,90 m lange Stufenheck-Limousine trug die damals modische Cola-Flaschen-Form. Die zeigte über den Hinterrädern einen kleinen Buckel und war schon vom Opel Olympia, vom Opel Kadett und von fast allen amerikanischen Autos her bekannt. Doch dann hörte die Mode auf.
Produktion des Ford Escort im Werk Saarlouis (1970).  Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Produktion des Ford Escort im Werk Saarlouis (1970). Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Während Volkswagen und der gesamte Wettbewerb ihr Programm von Heckantrieb auf Frontantrieb umstellte, trug der Escort weiterhin Hinterradantrieb und erntete damit Minuspunkte. Während Volkswagen sogar seinem Käfer endlich größere Seitenfenster bot, gab es beim Escort dicke Dachpfosten und damit kleine Seitenfenster. Während Volkswagen, die damals beim Käfer eher nicht dem Fortschritt folgten, ihrem Käfer einen Innenraum verpassten, in dem – außer am Armaturenbrett - nicht mehr lackiertes Blech, sondern Kunststoff-Verkleidung sichtbar war, zeigte der brandneue Escort innen viel lackiertes Blech.
Im Bug arbeitete eine ruhig laufende Vierzylinder-Maschine, die aber noch aus dem Anglia stammte und im Gegensatz zum platzsparenden Quereinbau noch längs im Motorraum saß. Was das Journalisten-Publikum aber noch mehr aufregte, war die starre Hinterachse des Escort, die nach alter Pferdekutschen-Art an Blattfedern hing. Dem Escort fehlten die damals gerade neuesten Sicherheits- und Komfortdetails, wie die geteilte Lenksäule und eine zweigeteilte Kardanwelle zum vibrationsfreieren Lauf. Der Motor – sonst ein zuverlässiger Bursche – zeigte in den Wintermonaten auch noch kurzzeitige Vergaser-Vereisung, wie sie die Automodelle der 50er Jahre ertragen mussten.
Ford Escort (1968).  Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Ford Escort (1968). Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Entsprechend mäßig war die Nachfrage, als am 16. Januar 1970 die Produktion im Ford-Werk Saarlouis anrollte. Ausgeglichen wurde der Misserfolg des Escorts durch den riesigen Verkaufserfolg des neuen Ford Capri. Die Ford-Männer waren damals sehr verärgert über die deutschen Verbraucher, weil die die Zuverlässigkeit und Anspruchslosigkeit des kleinen Ford nicht zu würdigen wussten.
Im September 1969 wurde der Escort auch als Viertürer geliefert. Walter Hayes, Oberster Öffentlichkeitsarbeiter bei Ford England und angeblich guter Freund von Henry Ford II., hatte die Idee, den Escort mehr in den Motorsport zu integrieren. Im Juni 1973 ließ er den Escort mit einem Zwei-Liter-Vierzylinder aus den größeren Ford-Modellen ausrüsten. Damit war ein preisgünstiges Kraft-Paket geboren, mit dem viele Privatfahrer Siegeslorbeeren einfuhren. Im Rückblick zeigte sich, dass die Motorsport-Geschichte des blassen Escorts länger strahlte als die lauen Produktionszahlen.
Ford Escort (1968).  Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Ford Escort (1968). Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford

Doch Ford konnte mit diesem Auto im Markt keine Lorbeern gewinnen. Deshalb wurde schon 1977 mit der Konstruktion eines Nachfolgers begonnen. Diesmal mit Frontantrieb, mit Quermotor, mit Schrägheck und hinterer Einzelradaufhängung.
„Wir bitten Ford – erspart ihn uns“. So mutig waren die Auto-Tester in den 70er Jahren. Auto-Tester Paul Simsa hat sich nicht nur damit ein Denkmal geschaffen. Ganze Generationen von Motorjournalisten nennen ihn als Vorbild oder haben ihr Handwerk bei ihm gelernt.

Text: ampnet/Hanns-Peter von Thyssen und Bornemisza, cen
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