Im Rückspiegel: Der Skoda 1000 MB wog nur 775 Kilogramm
Vor 55 Jahren präsentierte Skoda mit dem 1000 MB einen Meilenstein in der Geschichte des tschechischen Automobilherstellers. Im Frühjahr 1964 löste er den Octavia mit Frontmotor und Heckantrieb ab und begründete eine neue Ära der Skoda-Modelle. Mit seiner neuen Karosseriearchitektur und seinem Antriebskonzept wurde der 1000 MB zu einem erfolgreichen Modell in der 124-jährigen Geschichte des Herstellers in Mladá Boleslav.
Das Ende der Octavia-Produktion am 11. April 1964 markierte in Mladá
Boleslav den Start der Skoda 1000 MB-Fertigung. Im September desselben
Jahres trat die Neuerscheinung auf der traditionellen Maschinenbaumesse
in Brünn vor die breite Öffentlichkeit, im Oktober wurde der Kompakte
auf den Automobilausstellungen in Paris und London vorgestellt. Ab Mai
1965 rollten bereits mehr als 1000 Fahrzeuge pro Monat vom Band, gegen
Jahresende konnte das Unternehmen die Tagesproduktion auf mindestens 150
Einheiten hochfahren: Somit handelte es sich beim 1000 MB um das erste
echte tschechische Großserienfahrzeug. Mehr als die Hälfte der 443 000
Exemplare, die Skoda von 1964 bis 1969 baute, wurden exportiert.
Von seinem Vorgänger, dem auf einem Rahmen basierenden Oktavia mit
Frontmotor und Heckantrieb, setzte sich der 1000 MB grundlegend ab: Er
besaß eine selbsttragende Karosserie mit Einzelradaufhängungen rundum.
Dank dieser fortschrittlichen Konstruktion und dem intensiven Einsatz
von Aluminiumlegierungen brachte das Familienauto nur 755 Kilogramm auf
die Waage.
Der wassergekühlte OHV-Reihen-Vierzylinder wanderte ins Heck und trieb
die Hinterachse an. Aus einen Hubraum von 988 ccm entwickelte der
leichte Motor in der ersten Phase 37 PS (27 kW). Damit erreichte das
Fahrzeug eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h bei einem seinerzeit
sehr günstigen Verbrauch von sieben bis acht Litern Benzin auf 100
Kilometern. 1966 stieg die Leistung auf 43 PS (32 kW) und mit dem Skoda
1100 MB kam eine zweite Motorvariante hinzu, die aus 1,1 Liter Hubraum
52 PS (38 kW) schöpfte.
Die viertürige Karosserie des 1000 MB bestand aus 665 Pressteilen und
wurde mit 6900 Schweißpunkten zusammengesetzt. Für Zylinder- und
Kurbelgehäuse des Motors sowie das handgeschaltete Vier-Gang-Getriebe
setzte Skoda eine Aluminiumlegierung und ein
Aluminium-Druckgussverfahren ein, das in Europa einzigartig war. Es
basierte auf einem Patent des tschechischen Ingenieurs Josef Polák aus
dem Jahr 1922. Das nur 105 Kilogramm schwere Zylinder- und Kurbelgehäuse
kam ohne das Bohren von Öffnungen aus. Es genügte, Gewinde in die
Gussteile zu schneiden.
Die neue Generation der Fahrzeuge hatte in der Entwicklungsphase noch
die Bezeichnung NOV (Nový Osobní Vůz – neuer Personenwagen) getragen.
Vor dem Serienanlauf wurde sie auf Herz und Nieren geprüft. Allein bis
Mai 1962 legten 50 Prototypen insgesamt 1 598 840 Kilometer zurück,
unter anderem bei extremer Kälte auf dem Gebiet der damaligen
Sowjetunion. Die Tests des Brems-, Kraftstoff- und Kühlsystems fanden im
Kaukasus statt, wo sich drei Fahrzeuge extremen Temperaturen von bis zu
minus 45 Grad Celsius stellen mussten.
Trotz seiner kompakten Abmessungen (Länge 4,17 m, Breite 1,62 m und Höhe
1,39 m) bot der 1000 MB ein geräumiges Interieur. Serienmäßig bot er
die Möglichkeit, die Sitze zu einer Übernachtungsmöglichkeit
umzugestalten. Der Wagen hatte zwei Kofferräume, einen hinter den
Rücksitzen, der auch während der Fahrt zugänglich war und einen im
Vorderwagen. Dieser fasste 220 Liter Gepäck und saß oberhalb des
Reserverads. Um das zu erreichen, musste ein Teil der Frontpartie
vorgeklappt werden, ohne vorher das Gepäck zu entladen.
Mehr als 300 Unternehmen, davon 134 aus dem Ausland, hatten sich am Bau
und an der Ausrüstung der über 40 Hallen und weiterer Gebäude beteiligt.
Dabei war eine der modernsten Automobilfabriken entstanden, die auch
über die Grenzen der sozialistischen Länder hinaus Zeichen setzte. So
zog sich ein neues, 13 Kilometer langes Straßennetz durch das 80 Hektar
große Gelände, hinzu kamen zehn Kilometer Eisenbahngleise, die zu einem
Rangierbahnhof führten und elf Kilometer Gehängeförderer.
Text: ampnet/Sm
Kommentare
Kommentar schreiben
Um einen Kommentar zu verfassen, müssen Sie angemeldet sein.
Noch nicht registriert? zur Registrierung
Das könnte dich auch interessieren: