Im Rückspiegel: Der Schönling aus Schweden
Mit der Premiere des P 1800 etablierte sich Volvo vor 60 Jahren auf Anhieb als exklusiver Sportcoupé-Hersteller. Der vom Schweden Pelle Petterson gezeichnete seriennahe Prototyp avancierte im Januar 1960 zum Publikumsstar der Brüsseler Autoshow. Ein weltweiter Verkaufserfolg wurde der Volvo P 1800 aber auch durch seine Sicherheitstechnik und ebenso kräftige wie langlebige Motoren aus dem P 120 (Amazon).
Der schwedische Nachwuchsdesigner Pelle Petterson entwarf den Volvo P
1800 ab 1957 in den italienischen Designateliers von Frua und dies mit
zeitgeistigen Finnen am Heck als Referenz an das damals beginnende
Raketenzeitalter, vor allem aber mit der Eleganz italienischer Gran
Turismo. Die technische Basis für das 2+2-sitzige Sportcoupé lieferte
der Amazon P 120, dessen 90 PS (66 kW) starker 1,8-Liter-Vierzylinder
B18B im P 1800 sportliche Fahrleistungen ermöglichte. Während das Design
aus Italien und die Technik aus Schweden kam, wurde die Karosserie
anfänglich in Schottland gepresst und alles ab 1961 beim englischen
Sportwagenspezialisten Jensen Motors montiert.
Trotzdem wurde es ein Start mit Hindernissen, denn die englische
Manufaktur fertigte den sportlichsten Volvo in so unbefriedigender
Qualität, dass schon die ersten 250 Autos vor Auslieferung nach Göteborg
zur Nachbesserung zunächst in die Werkshallen mussten. Endgültig gelöst
wurde dieses Problem erst im Jahr 1963, als die Produktion des Gran
Turismo komplett ins schwedische Werk Lundby umzog. Nun kam der Verkauf
des fortan Volvo 1800 S – „S“ für Sverige (Schweden) – genannten und auf
96 PS (71 kW) erstarkten Sportlers weltweit richtig in Fahrt. Den
Sprint von null auf 100 km/h absolvierte der Schwede in 12,1 Sekunden,
ein damals beachtlicher Wert, den allein Sportwagen und sehr
leistungsstarke Limousinen erzielten.
Visionär war auch das Sicherheitskonzept des schnellen Volvo, der als
weltweit erstes Sportcoupé serienmäßig über Sicherheitsgurte für alle
vier Passagiere verfügte. Die Stabilität dieses Rückhaltesystems
demonstrierte Volvo Deutschland schon im Jahr 1961 in einer Show im
Hamburger Hafen. Dort schwebte ein P 1800, gehalten allein von den
DreiPunkt-Sicherheitsgurten, an einem Kran über der Hafenanlage. Auch
beim Thema Ladungssicherung übernahm der Sportler eine Vorreiterrolle,
sicherten doch erstmals in das Gepäckabteil integrierte Ledergurte bei
Bedarf schwere Golfbags.
Der schönen Fahrzeugform erlagen auch die Produzenten der englischen
TV-Krimiserie „The Saint“, die einen Volvo 1800 S zum Dienstwagen des
Titelhelden Simon Templar (dargestellt von Roger Moore) auserkoren. Von
den Qualitäten des Sportcoupés war der auch aus James-Bond-Filmen
bekannte Moore so überzeugt, dass er sogar privat einen polarweißen
Volvo 1800 S fuhr. Aber auch der schwedische König Carl Gustaf XVI. fuhr
ab seinem 18. Geburtstag nacheinander mehrere der sportlichen Coupés.
Fester Bestandteil der Geschichte des Schönlings aus Schweden ist zudem
das rote Exemplar, das der US-Amerikaner Irv Gordon im Jahr 1966 erwarb
und mit dem er im Jahr 2013 die Drei-Millionen-Meilen-Marke (4.827.00
Kilometer) durchbrach. Der Allzeit-Rekord wurde ins Guinness-Buch der
Rekorde aufgenommen.
Regelmäßige kleine Modellpflegen genügten, um die Grundform über
Jahrzehnte optisch frisch zu halten. Dazu zählten 1964 ein geglättetes
Stoßstangendesign, das die anfänglichen Kuhhornbögen ersetzte, sowie
regelmäßig aktualisierte Kühlergrills. Karossiers wie Volvoville in den
USA bauten begehrte Cabrio-Kleinserien und italienische Stardesigner wie
Fissore oder Coggiola präsentierten Fastback-Studien. Eine
sensationelle Weiterentwicklung des Sportcoupés stellte Volvo dann 1971
selbst vor: Den Volvo 1800 ES als Vorläufer aller modernen
Shooting-Brakes. Dank großer gläserner Heckklappe wurde der Sportkombi
in Deutschland unter dem Namen „Schneewittchensarg“ berühmt. Im Jahr
1972 rollte das letzte Coupé – ein Volvo 1800 E – vom Band und ein Jahr
später verabschiedete sich der Volvo 1800 ES.
Insgesamt wurden 47.855 Einheiten der sportlichen Schweden gebaut, davon 39.778 Coupés.
Text: ampnet/jri
Kommentare
Kommentar schreiben
Um einen Kommentar zu verfassen, müssen Sie angemeldet sein.
Noch nicht registriert? zur Registrierung
Das könnte dich auch interessieren: