Exklusiv: Vor 30 Jahren - Citroën schickt den 2CV in Rente
Der Abschied von der großen automobilen Bühne kam im Exil. Im portugiesischen Citroën-Werk in Mangualde rollte vor 30 Jahren der letzte 2CV sang und klanglos vom Band.
Begonnen hatte die die Geschichte des „Regenschirms auf Rädern“ bereits
vor dem Zweiten Weltkrieg, als die Marke beschloss, einen Kleinwagen –
intern als Toute petite Voiture (TPV) definiert - auf die Straßen zu
bringen. Doch dann kam die deutsche Besetzung, und bei Citroën
verschwanden die ersten Prototypen gut versteckt irgendwo auf dem
Gelände des Testzentrums in La Ferté Vidame.
Nachdem die deutschen Truppen abgezogen waren, holte man sie wieder ans
Tageslicht, und beim Pariser Salon 1948 standen die ersten
Serienversionen im Scheinwerferlicht. Beim ersten Blick auf die durchaus
fragwürdige Erscheinung soll der französische Staatspräsident bei der
Eröffnung des Salons wenig begeistert gewesen sein, und ein
niederländischer Autojournalist schrieb über ein „Hässliches Entlein“.
So soll, will es die Legende wissen, der vor allem in Deutschland
genutzte Spitzname „Ente“ entstanden sein. In Frankreich blieb es kurz
und bündig beim „Deuche“ oder „Deux Vaches“ (zwei Kühe), was dem
Temperament des Viertürers entsprach. Kaum zu glauben, dass der 2CV von
demselben Team entworfen wurde, das später die DS auf die Straße
schickte.
Der 2CV war vor allem für die ländliche französische Bevölkerung
entwickelt worden. Trotz seines fragwürdigen Designs wurde der Wagen auf
Anhieb ein Erfolg, und die Lieferfristen lagen zeitweise bei bis zu
sechs Jahren. Der 2CV machte die Menschen mobil, und mehr wollten die
Kunden damals auch gar nicht. Ihnen reichten die vier Türen, der
unerreichte Komfort und das Faltdach, das einen Hauch von Savoir Vivre
in den harten Nachkriegsalltag brachte. Der 2CV war für seine Besitzer
ein „richtiges Auto“, und da waren Fahrleistungen eher nebensächlich.
Erst spät in seiner Laufbahn überschritt der 2CV die magische Marke von
100-km/h, und über die Beschleunigung verlor niemand ein Wort. Warum
auch?
Mit dem 2CV begann in Frankreich die Massenmotorisierung. In Deutschland
war es der Käfer, in Italien die Nachfolger des Topolino, und in
Großbritannien der Morris Minor, später vom Mini abgelöst. Gemeinsam war
diesen Modellen ihre einfache technische Konstruktion und der Verzicht
auf alles, was über die Basismotorisierung hinausging. Die Hersteller
trafen damit offensichtlich den Nerv der Menschen. Denn die vielen
Primitiv-Konstruktionen, die nach dem Krieg in Deutschland auf den Markt
rollten, waren vor allem eins – primitiv – und verschwanden bald wieder
von den Straßen.
Käfer und 2CV überlebten am längsten, wobei der kleine Citroën
allerdings stets vor allem ein Franzose blieb und nie die Absatzzahlen
erreichte wie der Wolfsburger Weltrekordler. Am Ende waren es
einschließlich des Kastenwagens rund fünf Millionen Exemplare die
weltweit abgesetzt werden konnten. Zwar schafften es einige Exemplare
sogar in die USA, und auch die französischen Kolonien nahmen viele
Modelle ab, doch seine Heimat blieb die Grande Nation. Während der Käfer
sich ständig weiterentwickelte, blieb der 2CV sich treu. Die leicht
zerbrechliche Karosserie erzog seine Fahrer bis zum Produktionsende zu
einer defensiven Fahrweise, und lediglich die unbedingt notwendigen
Neuerungen flossen in die Entwicklung ein.
Trotzdem hielt sich der 2CV mehr als 30 Jahre in der
Citroën-Modellpalette und überlebte sogar seinen Nachfolger. Die Dyane
kam 1967 auf den Markt und verschwand 1983 wieder. Die Kunden blieben
dem 2CV treu. Vor allem in Deutschland. Als die Franzosen sich schon
längst von dem „rollenden Regenschirm“ abgewendet hatten, verkaufte
Citroën in Deutschland noch immer konstant mehr als 10.000 Exemplare. In
seinem letzten Verkaufsjahr kostete der 2CV stolze 9900 Mark, die 7865
Kunden gerne an ihren Citroën-Händler überwiesen.
Inzwischen hatte sich die Kundschaft allerdings deutlich verändert. Die
selbsternannte intellektuelle Elite hatte den 2CV entdeckt und schmückte
sich mit ihrem nach außen gezeigten Konsumverzicht. Diese Klientel
brauchte keinen Stern und keine fünf Ringe – man zeigte, dass man anders
dachte, und da war der 2CV genau das richtige Vehikel. 2CV-Fahrer
grüßten sich – das hatten sie mit Porsche-Fahrern gemeinsam – und
vergaßen die eingebauten Defizite, die sich vor allem zeigten, wenn der
Kleine mal wieder in die Werkstatt musste, und die Mechaniker danach die
Rechnungen präsentierten.
Zum Glück hat Citroën nie versucht, eine moderne Neuauflage des 2CV auf
den Markt zu bringen. Als Nachfolger fuhr der eher langweilige AX vor,
und dem Charme des 2CV kam allenfalls der Visa (vor allem als
viertüriges Cabrio) nahe. Was bleibt ist ein Lächeln, wenn ein 2CV
wieder einmal auf der Straße auftaucht und an Zeiten erinnert, als die
automobile Welt irgendwie mehr Charme hatte.
Text: ampnet/ww
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